05.07.2017

Urteil des Bundesfinanzhofs: steuerlicher Freibetrag für Pflegende Angehörige

Kinder, die Vater oder Mutter im Alter unentgeltlich und persönlich pflegen, können sich künftig über Erleichterungen bei der Erbschaftssteuer freuen. Am 05.07.2017 veröffentlichte der BFH sein Urteil, dass Kinder nach deren Tod nun erstmals einen Pflegefreibetrag bei der Erbschaftssteuer in Anspruch nehmen können. Dass diese laut Gesetz zum Unterhalt ihrer Eltern verpflichtet seien, ändere daran nichts. Grundsätzlich wurde vom Bundesgerichtshof bereits in zahlreichen Fällen festgelegt, dass Kinder zahlen müssen, wenn die Leistungen der gesetzlichen Pflegekasse nicht ausreichend sind (Az: XII 607/12 oder XII ZR 148/09).

Im vorliegenden Streitfall hatte die Klägerin ihre Mutter auf eigene Kosten etwa zehn Jahre lang bis zu deren Tod gepflegt. Zum Nachlass der Mutter gehörte unter anderem ein Bankguthaben in Höhe von rund 786.000 €. Bei der Erbschaftssteuer berief sich die Frau gem. §13 Abs. 1 Nr. 9 Erbschaftssteuergesetz auf einen Freibetrag in Höhe von 20.000 Euro. Hier heißt es: "Steuerfrei bleiben ein steuerpflichtiger Erwerb bis zu 20.000 Euro, der Personen anfällt, die dem Erblasser unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt Pflege oder Unterhalt gewährt haben, soweit das Zugewendete als angemessenes Entgelt anzusehen ist;"

Der BFH entschied zudem, dass der Begriff "Pflege" grundsätzlich weit auszulegen ist. Er umfasse "die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person“. Es sei daher nicht nötig, dass der Vererbende im Sinne des Gesetzes pflegebedürftig war oder ihm eine Pflegestufe zugeordnet war.


Urteil mit großer praktischer Bedeutung

Kinder haben laut Gericht auch deshalb Anspruch auf den Pflegefreibetrag, weil der Gesetzgeber „ein freiwilliges Opfer der pflegenden Person“ honorieren und die steuerliche Berücksichtigung von Pflegeleistungen verbessern wolle. Die erbrachte Pflegeleistung ergibt sich nicht zwangsläufig aus besagter Unterhaltspflicht. Hieraus ergebe sich nämlich nur der „Barunterhalt zur Deckung des Lebensbedarfs“, stellten die Richter fest. Die Höhe des Freibetrags bestimmt sich dem Urteil zufolge nach den Umständen des Einzelfalls. So muss die Hilfsbedürftigkeit des Erblasser, sowie Art, Dauer, Umfang und Wert der tatsächlich erbrachten Pflegeleistung schlüssig dargelegt werden. Die sog. Feststellungslast liegt somit bei demjenigen, der den Freibetrag beanspruchen möchte.

Das Urteil ist den Münchner Richtern zufolge beim Erben von großer praktischer Bedeutung: Erben können den Pflege-freibetrag demnach auch dann in Anspruch nehmen, wenn der Vererbende zwar pflegebedürftig, aber wegen seines eigenen Vermögens nicht unterhaltsberechtigt war.